In der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung kam die Todesanzeige für Reiner Bernstein. Er starb am 18. Februar.
Der Historiker Bernstein hat sich sein Leben lang für eine gerechte Lösung des Nahostkonflikts eingesetzt.
Er hat die “Genfer Initiative” für eine Zwei-Staatenlösung unterstützt und unablässig für einen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern geworben.
Echter Friede statt Eiserner Mauer
Das hat Reiner Bernstein viel Respekt eingebracht. Die Traueranzeige liest sich wie ein kleines who-is-who der verbliebenen kleinen links-liberalen Gemeinschaft, die in Israel und Deutschland unerschrocken an einem gütlichen Frieden festhält, und nicht an den betonierten Zwangsfrieden einer “Eisernen Mauer” glauben will.
Kondoliert haben der israelische Historiker Prof. Dr. Moshe Zimmermann, die Politologin Prof. Dr. Helga Baumgarten, Bettina Marx von der Deutschen Welle, die Künstlerin Nirit Sommerfeld, der Soziologe Prof. Dr. Moshe Zuckermann, Ingrid Rumpf von der Flüchtlings-Kinderhilfe im Libanon, der Pädagoge und Publizist Prof. Dr. Micha Brumlik, Andreas Zumach von der taz, der Schriftsteller Dr. Tilman Spengler, der Historiker und Antisemitismus-Forscher Prof. Dr. Wolfgang Benz und viele andere mehr.
Eine kleine Anzeige für einen großen Menschen
Micha Brumlik hat in der Frankfurter Rundschau geschrieben, daß mit Reiner Bernstein ein “Großer” von uns gegangen ist. Einer, der zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt war. Der sich den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen mußte, weil er die Besatzungspolitik Israels kritisierte.
Für diesen Großen gab es es eine vergleichsweise bescheidene Todesanzeige.
Eine große Anzeige für einen Großindustriellen
Zwei Seiten weiter vorne gibt es für einen anderen Verstorbenen Todesanzeigen ganz ander Art.
Ganzseitig. Zweimal halbseitig. Viele kleinere dazu.
Es geht um Heinz Hermann Thiele, den langjährigen Vorstandsvorsitzenden der KNORR-Bremsen AG.
Dieser Mensch war den Beschreibungen zufolge ein ganz großer Mensch.
Dazu kann ich rein gar nichts sagen. Es geht auch gar nicht um Herrn Thiele.
Auffällig ist nur, dass den Lesern vermutlich aller großen deutschen Zeitungen wie immer in solchen Fällen diese überdimensionalen Todesanzeigen für einen Vertreter der Wirtschaft auffallen müssen.
So ist vielleicht auch das ein weiterer Hinweis darauf, wie es um die viel beschworenen deutsch-jüdischen “Werte” bestellt ist.
Diese “Werte” bringen offenkundig mit sich, dass ein aufrechter, aber wirtschaftlich unbedeutender Idealist und Intellektueller namens Bernstein sich gegen deutsche und jüdische Antisemitismus-Vorwürfe wehren, und sich gerichtlich gedeckt als “Judenhassser” beschimpfen lassen musste. Der Wert der Meinungsfreiheit will es, so das Gericht.
Pfui.
Ein Trost: Die vielen im Herzen und im Geiste Großen, die die Traueranzeige für Reiner Bernstein gezeichnet und ihm auch damit ein würdiges Geleit gegeben haben.
— Schlesinger
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