Gerade ging der Gefangenenaustausch zwischen den Palästinensern und Israel über die Bühne, in dessen Zuge der israelische Soldat Gilad Shalit und rund 1000 arabische Gefangene frei kamen.
Hamas hat in Gaza ein Freudenfest veranstaltet und angekündigt so lange weitere Israelis zu kidnappen bis alle palästinensischen Gefangenen aus israelischen Gefängnissen befreit sind.
Gut gebrüllt, Löwe! Zum einen ist es nicht ganz einfach israelische Soldaten zu entführen. Zum anderen wird auch Hamas gelernt haben, dass es Jahre dauern kann, bis der gewünschte “Ertrag” erzielt wird. Eine in jedem Fall schlechte Verzinsung. Und schliesslich wird sie beobachten, dass die israelische Bevölkerung zwar froh ist den Soldaten Shalit wieder zuhause zu haben, aber künftig keine Deals mehr will, in denen 1 Israeli gegen 1000 Palästinenser getauscht wird. Just an diesem Wochenende hat der Islamische Jihad, die radikalere Konkurrentin der Hamas in Gaza, eine Serie von GRAD-Raketen und Mörsergeschossen auf Israel abgefeuert und dabei einen Menschen getötet und erhebliche Sachschäden angerichtet. Hamas kommt dadurch unter Druck, weil es in den Augen der Bevölkerung von Gaza als zu konziliant gegenüber Israel dastehen könnte. Würde Hamas sich an der aktuellen Runde der Gewalt beteiligen, würde das die mit Israel vereinbarte zweite Runde der Freilassungen gefährden (es wurden erst rund 500 der 1000 arabischen Gefangenen freigelassen).
Schlussendlich wird sich das Führungspersonal innerhalb Hamas auch fragen, inwieweit man die im eigenen Lager unüberhörbar lauter werdenden Rufe nach Liberalisierung und Öffnung weiter ignorieren will, ja, ignorieren kann. Ben Ali, Mubarak und Gaddhafi lassen grüssen. Leider ist auch auf israelischer Seite nicht erkennbar, wie man Hamas beeinflussen möchte in Richtung einer friedlichen Kooperation: Auch in Jerusalem schätzt man den geliebten Feind.
Saudi-Arabien, das alle liberale Tendenzen des arabischen Frühlings an sich abgleiten lässt und business as usual betreibt, leistet indirekte Schützenhilfe für Hamas.
Zuerst hat der populäre Kleriker Awad al-Qarni 100.000 Dollar Kopfgeld für jeden entführten oder getöteten israelischen Soldaten ausgesetzt. Gestern legt der schwerreiche Geschäftsmann und Angehörige des saudischen Königshauses Prinz Khaled bin Talal nach. Er bietet offenbar grosszügige 900.000 Dollar Preisgeld für jeden entführten Soldaten.
Saudi-Arabien, Hüter des wahren Glaubens und Schützer der Heiligen Stätten, stochert fleissig in der Glut des Nahostkonflikts. Dazu hat es guten Grund: Nichts wäre schlimmer für das saudische Königshaus als eine befriedete Region, die sich durch Selbstbestimmung auszeichnet. Dann müsste man sich den Spiegel vorhalten und bekäme unangenehme Fragen gestellt.
Unter der Bedingung feindlicher Nachbarn freilich lässt sich ein rigides Regime leichter fortführen. Und solange das Öl sprudelt und die Amerikaner und Deutschen brav ihre spritfressenden Kisten fahren, wird nichts in der Welt die Saudis von ihrer arroganten Politik abhalten.
Weil aber Riad aus Sicht der deutschen Bundesregierung der “letzte Stützpfeiler” im Nahen Osten ist, bekommt es von Deutschland 200 Kampfpanzer Leopard.
— Schlesinger
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