Sollten Ihnen einmal langweilig sein, können Sie ja einen Blick in die Richard Nixon Library werfen und sich dort die Niederschriften seines Psychiaters Dr. Arnold Hutschnecker – er heißt wirklich so – ansehen.
Sie werden Erstaunliches entdecken.
Nixon begab sich wie jede durchschnittlich neurotische Hausfrau des gehobenen amerikanischen Mittelstandes in die Psychoanalyse.
Nun liegt auf der Hand, dass sich ein Psychiater mit einem Vizepräsidenten – denn um diese Zeit geht es hier: 1959, als er noch VP unter Dwight D. Eisenhower war; Präsident wurde Nixon erst im Januar 1969 – über andere Themen unterhält als, sagen wir, die Menopause.
Also unterhält man sich über die großen Dinge in der Welt. Krieg und Frieden. An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob vielleicht der Abgeordnete des Repräsentantenhauses Dennis Kucinich, der in den Vorwahlen anfänglich noch dabei war , in den Unterlagen Hutschneckers kiebitzte. Denn:
Der Psychiater wollte nun nichts Geringeres, als Vizepräsidenten Nixon davon überzeugen ein “peace departement” einzurichten (Das klänge auch im Deutschen hübsch: Ein Friedens-Verteidigungsministerium). Genau das schlug Kucinich auch vor. Kein Wunder kam er nicht weit. Also Kinder, nicht nachmachen! Weiter.
Milhouse hat sich den Worten nach noch darauf eingelassen (Milhouse ist der Mittelname Nixons), und es gab durchaus ein gewisses Hin und Her der Argumente.
Aber zum Schluß hin hat Nixon doch der Mut verlassen. Den Vietnamkrieg, den er ’69 von Johnson in voller Blüte übernommen hat, führte er noch bis ’73 fort. Schade eigentlich. Es hätte eine Glanzstunde der Psychoanalyse werden können.
Springen wir nun ins Heute, so schwer uns das fallen mag:
Man wünscht sich angesichts solcher immerhin Hoffnung spendender Geschichten, George W. Bush hätte sich in die Hände des nun älteren, weiseren Dr. Hutschnecker begeben und einmal, nur einmal in seinem Leben zugehört.
Dann aber hätte er nie die großen Worte sprechen dürfen “I am a war president”:
“I’m a war president. I make decisions here in the Oval Office in foreign-policy matters with war on my mind. Again, I wish it wasn’t true, but it is true. And the American people need to know they got a president who sees the world the way it is. And I see dangers that exist, and it’s important for us to deal with them.”
Und er hätte nie sagen können, er sei neidisch auf seine kämpfende Truppe in Afghanistan, weil die einen “romantischen Job” mache.
Dann wäre ihm ja doch nur eine Art gehobener Dienst in seinem Bundes-Landratsamt geblieben, und er hätte so Sachen in sein Tagebuch schreiben müssen wie: “Heute morgen Ablage im Büro. Nachmittags Hutschnecker. Tiefenanalyse wg. Menopause Laura. ”
Nein, das wäre nichts gewesen.
— Schlesinger
(Photo: George W. Bush) (Photo: Richard Nixon)
Filmempfehlung: Ein hervorragendes Psychogramm, erstklassig inszeniert von Oliver Stone (“Platoon”, “JFK – Tatort Dallas”) und besetzt mit Sir Anthony Hopkins (“Das Schweigen der Lämmer”):