Zu beschreibendes Phänomen: Eine unheimliche Begegnung der dritten Art.
Grund: Klartext aus dem Mund eines Politikers.
Wann & Wo: Heute. Deutschlandradio Kultur.
Der Politiker: Oswald Metzger.
Dessen Partei: neuerdings CDU (seit 2008). Vormals Mitglied der GRÜNEN, Bundestagsabgeordneter und deren finanzpolitischer Sprecher.
Frage an Metzger:
“Zwei Konjunkturpakete gibt es bereits. Die Bundesregierung stockt sie jetzt noch einmal auf. Es geht um Steuerentlastungen in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro – für protestierende Bauern, kleinere Unternehmen und Arbeitnehmer.” […]
Die Zeche wird später bezahlt
Metzger: “Wer ehrlich[e] Politik machen will, muss auch in Zeiten von Bundestagswahlkämpfen den Leuten sagen, die Zinsen für diese gigantische Kreditausweitung in der Krise werden dem Bürger und der Bürgerin präsentiert. […]
Wenn ich in ein Lokal gehe und bestelle etwas, weiß ich auch als ungebildetester Mensch in unserem Land, wenn ich bestelle, muss ich bezahlen. Wenn ich als Staatsbürger bei der Politik bestelle, dann habe ich offensichtlich den Eindruck, der Staat ist eine Eier legende Wollmilchsau […]
Parteien pflegen den “billigen Jakob”
Man hat ein bisschen den Eindruck, wir leben zurzeit in einem Land, wo ganz im Kontrast zu dieser Wirtschaftskrise eine Art billige Jakob-Haltung gilt. Also wer bietet mehr? Da haben wir eine Linkspartei, die ordentlich bietet, vor allem bei Sozialleistungen, aber auch bei Rente mit 60 ohne Abschlag.
Dann kommen die Grünen, dann kommen die Sozialdemokraten. Die Union ist unter Druck natürlich. Wenn Sie jetzt an die Entscheidung von Anfang der Woche denken, dass man beim Agrardiesel jetzt doch den Bauern auch was geben muss, weil man hat’s nicht gern, wenn eine wichtige Wählergruppe quasi so auf dem Tisch steht. […]
Dass eine Abwrackprämie beschlossen wurde von dieser Regierung, das habe ich von Anfang an für absolut grotesk gehalten und den Preis werden wir im nächsten Jahr bezahlen: die ganzen Autohändler, die die Vorzieheffekte dann bitter büßen werden durch eine Nachfragelücke, und der Steuerzahler, der natürlich diese Alimentierung einer Branche auch bitter bezahlen wird. […]
Teufel & Belzebub
Also ich glaube, dass wir zurzeit den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, also Teufel quasi Wirtschaftskrise, mit dem Beelzebub der überbordenden Staatsverschuldung. […]
Was glauben Sie, wie viele Prozent wirtschaftliches Wachstum der nächsten Jahre wir allein dafür brauchen, den Zinseszinseffekt der gigantischen Staatsverschuldung zu bedienen. […]”
Schon im Dezember bezog Metzger Stellung zum Thema Staatsverschuldung:
“Wenn nicht ein Wunder passiert, wird im nächsten Jahr in Deutschland im Bundeshaushalt das nominal höchste Defizit generiert, das wir je zu verzeichnen hatten: über 40 Milliarden Euro. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, wird die Föderalismusreform II scheitern, obwohl die Verabredung eines nationalen Verschuldungspakts zwischen Bund und Ländern noch eine überaus verdienstvolle Aufgabe für die Große Koalition in Berlin sein könnte.”
Da waren Sie mit Ihrer pessimistischen Einschätzung zu optimistisch, Herr Metzger: Die Neuverschuldung liegt mit dem jüngsten Nachtragshaushalt bei 47,6 Milliarden Euro.
Tschüs Mandat
Mit derlei bemerkenswert direkten Reden dürfte Herr Metzger fürs erste nicht in die Nähe eines CDU Bundestagsmandats kommen.
Auf die Frage, was die Lösung à la Metzer sei, konnte Herr Metzger lediglich Ansätze bieten. Aber darum geht es nicht.
Der gezeigte Mut, als Politiker heikle Wahrheiten auch auszusprechen, ist für sich genommen bereits viel wert.
Das vollständige Interview ist auf Deutschlandradio Kultur nachzulesen.
(Photo: dustpuppy)