Ab dem Wintersemester 2018/19 gibt es in Deutschland die erste Professur zu Israel. Sie wurde an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eingerichtet und wird von Dr. Yossi David vertreten. Passend zum Werdegang von Dr. David gehört die Professur in den Bereich Sozialwissenschaft / Kommunikationswissenschaft.
Yossi David kommt von der Hebräischen Universität in Jerusalem.
Er forscht dort seit 2011 im Bereich politische Kommunikation und empirische Methoden.
Seine Doktorarbeit hat er zum Thema “Geschlechter-spezifische Wahrnehmung und öffentliche Meinung zum israelisch-palästinensischen Konflikt” verfasst.
Seine Forschung und Lehrtätigkeit soll dazu beitragen, die gegenseitige Wahrnehmung von Deutschen und Israelis besser zu verstehen.
3sat hat mit Yossi David ein Interview in der “Kulturzeit” geführt.
Dr. Sarid zeigt sich darin als sehr ruhiger Mensch – um nicht zu sagen: schüchterner Mensch – der seine Antworten auf englisch gibt.
Leider war der zeitliche Rahmen der Sendung recht knapp und die Moderation hat wenig nachgefragt. Daher sind die Antworten bisweilen wenig aussagekräftig geblieben.
Immerhin gab Dr. David zu zwei Themen interessante Antworten. Die eine bezog sich auf den Nahostkonflikt, die andere auf das umstrittene neue Loyalitätsgesetz in Israel.
Frage 3sat: Was kann Ihre Forschung zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts beitragen?
Yossi David: Wenn wir den Konflikt verstehen geht es nicht um Haltungen, es geht um Wahrnehmungen. Und die Wahrnehmungen können geändert werden, manchmal auf einfache Art und Weise. […]
Kommentar Cafe Tel Aviv: Das ist eine fragwürdige und brisante Herangehensweise. Sollte es tatsächlich zuerst um die Wahrnehmung von etwas gehen, und nicht um das Wahrgenommene? Vielleicht hat Dr. David etwas anderes sagen wollen.
Aber so wie er es gesagt hat könnte es zum Beispiel darum gehen, den Sachverhalt “militärische Besatzung der Palästinenser durch die israelische Armee” so zu formulieren und zu erklären, dass in der Wahrnehmung etwas weniger Schlechtes daraus wird, als es in Wirklichkeit ist.
Vielleicht lag es auch an dem nicht wirklich guten Englisch von Yossi David oder einer mangelhaften Übersetzungsleistung des Dolmetschers.
Die 3sat Reporterin kam sodann auf das umstrittene Loyalitätsgesetz in Israel zu sprechen, das die öffentliche Förderung von kulturellen Veranstaltungen zurücknehmen will, wenn sich Kulturschaffende regimekritisch zeigen.
Frage 3sat: Was sagen Sie dazu?
Yossi David: Das ist natürlich ein schreckliches Gesetz […] und gefährlich für die Demokratie.
Kommentar Cafe Tel Aviv: Das klingt nach der Antwort eines israelischen Linksliberalen, von denen es in Israel nicht mehr viele gibt. Das klingt nach einer regimekritischen Antwort. Jemand wie Dr. David kann sich so eine Antwort noch leisten, denn bisher ist der akademische Betrieb Israels verschont geblieben vor den staatlichen Versuchen kritische Stimmen zum Verstummen zu bringen.
Man darf gespannt sein, was Yossi David über die politische Lage innerhalb Israels zu berichten hat. Denn auch das will er in seinen Vorlesungen einbeziehen.
Im Übrigen ist der akademische Austausch zwischen Israel und Deutschland eine gute und begrüssenswerte Sache.
— Schlesinger
Photo: screenshot 3sat