Der einflußreiche schiitische Geistliche Moqtada al-Sadr, dessen im Juni 2003 gegründete Mahdi-Armee seit Wochen im Kampf gegen die reguläre irakische Armee und die Kräfte der USA steht, sieht US Verteidigungsminister Robert Gates als Terroristen:
“I heard the statement of the terrorist American defense minister and I feel compelled to give a decent response to such a terrorist. I have no enemy but you. You are the occupier,” Sadr said.
Wie sich al-Sadr den USA gegenüber künftig verhält, behält er sich alleine vor und will seinen Widerstand fortführen…
… in a “way that we consider suitable.”
Es dürfte wenig Zweifel daran bestehen, dass al-Sadr zu den radikalen Kräften zählt. Andererseits hatte er sich über Monate hinweg an den von ihm zugesagten Waffenstillstand gehalten.
Jüngst hat der Druck Washingtons auf Iran wieder zugenommen. Die Aktionen Moqtada al-Sadrs dürften den Interessen Teherans nicht zuwider laufen. Die gemeinsame Botschaft lautet: Kein Frieden im Irak ohne hinreichende Beteiligung der Schiiten, genauer: der Schiiten, die nicht Parteigänger des irakischen Ministerpräsidenten Maliki sind.
Die Dawa-Partei
Eigentlich müssten sich al-Sadr und der irakische Ministerpräsident Nouri al-Maliki nahe stehen, kommen beide doch aus der derselben schiitischen Dawa-Partei. Maliki ist Generalsekretär der Dawa.
Die Dawa war unter dem sozialistischen Baath-Regime Saddam Husseins ins iranische Exil gegangen. Ihre Mitglieder wurden durch Hussein hart verfolgt. Die Dawa unterhält einerseits gute Beziehungen zum schiitischen Regime in Teheran, verfolgt aber andererseits religiös-politische Vorstellungen, die denen Teherans zuwider laufen. Von der irakischen Dawa als einer “fünften Kolonne” Präsident Ahmadinedschads zu sprechen, dürfte daher zu weit gehen.
Nach der Niederwerfung Husseins ist die Dawa ins Land zurückgekehrt und hat ihr Lager in Nasarijah aufgeschlagen.
Al-Sadr indessen wirft Maliki vor, die irakischen Interessen an die USA zu verraten.
Al-Sadr hat eine große Anhängerschaft unter den einfachen Leuten, während Al-Maliki eher unter den gebildeteren Schichten angesehen ist. Maliki und Al-Sadr stehen sich seit geraumer Zeit unversöhnlich gegenüber, wie ein politischer Beobachter aus dem Irak schildert:
I do not exaggerate if I say that the followers [of Al-Sadr] consider Al Maliki as their mortal enemy after the US occupation.
In turn, Al Maliki won the trust of a large number of Shiite intellectuals and elites who complained repeatedly that the militants’ behaviour did not respect laws or education.
Waffenruhe
Am heutigen Sonntag bietet Moqtada al-Sadr einen Waffenstillstand an und zieht seine Anhänger von den Straßen ab. Ein Sprecher der Mahdi-Armee beschuldigte die USA, die zurückliegende Waffenruhe dazu mißbraucht zu haben, willkürliche Verhaftungen in ihren Reihen vorgenommen zu haben:
Sadr’s Mehdi Army militia have complained that Iraqi and US forces have exploited a truce called by the cleric last August to make indiscriminate arrests. The US military says it only targets those who have disobeyed Al Sadr’s ceasefire.
Davon hört man in unseren Medien nichts, was nicht heißt, dass die Behauptungen der Mahdi-Seite zutreffend sind. Plausibel wären sie, da die USA ein Interesse daran haben, die Kräfte der Mahdi-Armee zu schwächen.
Hätten die USA willkürliche Verhaftungen während eines Waffenstillstands vorgenommen, wäre das eine starke Rechtfertigung für Al-Sadrs Aktionen.
Wir wissen es nicht, würden darüber aber gerne mehr aus unserer Presse und nicht aus den arabischen Medien erfahren.
— Bigdaddy
(Photo: Plakat Moqtada al-Sadr / Flickr Opendemocracy)
Anm.: Es gibt die Schreibweise Mehdi oder Mahdi - Armee. Ebenso wie Moqtada al-Sadr oder Muqtada al-Sadr.