Tontaubenschiessen

Zum sogenannten Nakba-Tag hatten es unlängst zivile, unbewaffnete Palästinenser aus Syrien und dem Libanon gewagt, die Grenze zu Israel überwinden zu wollen.

Ein lebensgefährliches Unterfangen, wie sich herausstellen sollte. Es gab viele Tote und noch mehr Verletzte.

Zum aktuellen Naksa-Tag, an dem Palästinenser an die Niederlage im Sechstagekrieg von 1967 und insbesondere der damit verbundenen militärischen Besatzung des Westjordanlandes erinnern, gab es ebenfalls Demonstrationen an der syrischen Grenze und Versuche, die Grenzanlage zu überwinden.

Israelische Scharfschützen haben erneut wenigstens ein Dutzend – die israelische Haaretz berichtet von 22 – Palästinenser erschossen und offenbar mehrere Hundert durch Schüsse verletzt.

Darf es ein Kopfschuss mehr sein?

Was für ein trauriges, zynisches Spiel auf beiden Seiten.

Hier ein israelischer Premierminister Netanjahu, der allen Ernstes die Losung ausgibt, man werde die Grenzen aufs Äußerste verteidigen. Gerade so als als stünden syrische Panzerdivisionen vor dem Golan. Die tumben Befehlsempfänger der Armee postieren ihre Schützen an der Grenze und veranstalten ein Tontaubenschiessen.

Ein Scharfschütze zielt zentimetergenau auf eine Entfernung von 100 Meter – das dürfte eine realistische Schätzung der Entfernung sein an der israelisch-syrischen Grenze. Das folgende Video zeigt, dass die Entfernungen teilweise deutlich weniger waren.

Der Schütze kann sich also aussuchen: Fuß, Bein, Knie, Bauch, Brust oder Kopf. Da ich während meiner Militärzeit – vor langer Zeit – bei einer amerikanischen Einheit die “sharp shooter medal” erworben habe weiß ich ungefähr von was ich rede. Bei hunderten Toten darf man daher zwingend annehmen: Man hat es nicht so genau genommen mit dem Zielen, die Gunst der Stunde genutzt und gerne ein paar Kopfschüsse mehr gesetzt. Who cares.

Um nichts besser: Der syrische Präsident Bashir Assad, der angesichts des arabischen Frühlings um seine Stellung bangen muss. Jede Ablenkung ist willkommen. Früher war die kritische Zone am israelisch annektierten  Golan eine no-go area. Kein Demonstrant hätte an die Grenzanlagen gelangen können. Heute aber passt es dem Sohn des “Schlächters von Hama” sehr wohl ins Konzept, frustrierte Palästinenser aus ihren Flüchtlingslagern an die Grenze zu lassen, um sich dort mit den israelischen Grenzsoldaten anzulegen.

Dass dabei ein Blutbad garantiert ist, weiß Assad ebenso wie es Netanjahu in Kauf nimmt. Denn dem kommt es politisch allemal gelegen den syrischen Nachbarn anklagen zu können.

Für die toten Palästinenser sind Assad und Netanjahu gleichermaßen verantwortlich.

Ob ihre zynische Rechnung aufgeht ist keineswegs sicher.

Ihr Spiel wird von vielen durchschaut. Am Ende könnten sie als Verlierer dastehen. Gerade wegen der Toten.

— Schlesinger

PS: Dank an das israelische  972mag, wo ich das Video gefunden habe

PS2: In wenigen Fällen überfordert mich WordPress. Obwohl der Schreibfehler im Titel längst beseitigt und der Cache von WP und der Datenbank-Cache geleert sind erscheint er noch immer. Sorry.

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