Israel & USA : bald perfekter Überwachungsstaat ?

Als 1998 der großartige Kinofilm

Staatsfeind Nr. 1

mit Will Smith und Gene Hackmann in den Hauptrollen in die Kinos kam, hörte man wohl das erste mal von der NSA.

Bestimmt waren alle beindruckt von der spannenden Story. Bestimmt glaubte niemand, dieses Überwachungsmonstrum existiert in Wirklichkeit. Heute wissen wir es besser. Die Dienste haben sich zu Kraken entwickelt.

Das Wort Dienst kommt übrigens von dienen.

Interessant, sich die zugehörige Definition im Duden anzusehen:

in abhängiger Stellung [gegen Lohn, Gehalt] bestimmte Pflichten erfüllen, bestimmte Arbeiten verrichten, bei jemandem Dienst tun, in jemandes Dienst stehen

Die “höhere” Definition von dienen lautet:

sich einer Sache oder Person freiwillig unterordnen und für sie wirken

Geheimdienste dienen – sich selbst

Es gibt nicht mehr viele, die mit Blick auf NSA, CIA, BND, Shabak / Shin Bet unterschreiben würden, dass diese Einrichtungen dem Volk dienen.

Sie dienen sich selbst, und der Anhäufung ihrer Macht. Von Unterordnung kann keine Rede sein. Das konnte man gut beobachten während der Anhörungen von NSA- und CIA-Verantwortlichen vor dem US Senatssausschuss. Allein die Tatsache, vor der Volksvertretung Rede und Antwort stehen zu müssen wurde als Beleidigung aufgefasst, und man hatte alle Mühe, sich zu beherrschen.

Heartbleed

Gerade wird bekannt, dass die NSA seit längerem von der Sicherheitslücke Heartbleed wusste, wie die Süddeutsche berichtet:

“Wir beschützen die Informationen und die Informationstechnologien, die für die US-Interessen essenziell sind.” So hat die NSA eines ihrer zentralen Ziele formuliert.

Doch die in der vergangenen Woche öffentlich gewordene Sicherheitslücke namens Heartbleed sorgt dafür, dass Angreifer die Verschlüsselung aushebeln und so vermeintlich geschützte Daten abgreifen können. Sie gefährdet also Millionen Amerikaner, Tausende Online-Geschäfte und sogar die Informationen auf Regierungsseiten, die mit der Technik arbeiten.

Die NSA hätte somit die Privatsphäre und Sicherheit ihrer eigenen Bürger massiv gefährdet, um ihrem Spionagegeschäft nachzugehen. Ein größerer Vorwurf lässt sich kaum erheben.

Aber die Zeit bleibt nicht stehen. Die furchtbaren Dinger haben sich noch viel vorgenommen.

Gedanken lesen

Die israelische Zeitung Haaretz berichtet von einem aktuellen Strategiepapier des Innenministeriums. Darin werden aktuelle Projekte dargestellt, deren Ergebnisse der Polizei und den Diensten so bald wir möglich zur Verfügung gestellt werden sollen.

In den Strassen wird es intelligente Kamerasysteme geben, die in der Lage sein sollen die Stimmung der Personen zu erkennen. Mit geeigneten Algorithmen wird man in der Lage sein aufgrund des Verhaltens einer Person auf einem Parkplatz unterscheiden zu können, ob es sich um einen angespannten Menschen handelt, der seinen Schlüssel verloren hat, oder um einen Autoknacker, der auf einen günstigen Moment für einen Einbruch wartet.

Absichten erkennen

Man will anhand des Geruchs eines Menschen in der Menge erkennen, ob man es mit einem Messerstecher oder einem Attentäter zu tun hat.

Sprechende Hunde

Was sich am verrücktesten anhört, dürfte technisch am einfachsten sein: Sprechende Hunde. Offenbar kann man die Hirnströme von Hunden gut lesen. Was liegt näher, als bestimmte leicht zu erkennende Denkmuster von Polizei- oder Zollhunden mit Hilfe eines kleinen Sprachmoduls, angebracht am Hals des Tiers, in menschlichen Sätzen ausdrücken zu lassen?

Der Hund erschnüffelt Drogen, hat entsprechende Hirnströme, das Modul erkennt das, und schon sagt der zähnefletschende Deutsche Schäferhund zum Dealer “Sie tragen Kokain bei sich. Hinlegen. Keine Bewegung!”

Die Hunde-Nase übrigens soll ersetzt werden durch elektronische Hundenasen, die ermüdungsfrei arbeiten sollen.

Generalverdacht statt Unschuldsvermutung

Soweit die blauäugige Version: Geschnappt werden die Richtigen!

Im wirklichen Leben dürfte es anders aussehen. Angesichts einer unbestimmt grossen Menge an Menschen, auf die sich solche Techniken beziehen werden, tut man gut daran die Gauss`sche Normalverteilung zu berücksichtigen. Diese Normalverteilung ist immer gekennzeichnet von einer Merkmals-Häufung und Merkmals-Ausläufern. Simples Beispiel: statistisch gesehen sind die meisten Menschen 1,80m gross. Es gibt relativ wenige, die nur 1,50m klein oder 2,10m gross sind. Damit haben wir es aber nicht mit 3 fein säuberlich zu trennenden Kategorien zu tun (1, 80m / 1,50m / 2,10m). In Wirklichkeit gibt es neben dem 1,78m-Mann auch den 1,79m-Mann, der nicht wie der erste leicht gebückt läuft, sondern aufgrund eines Hüftleidens schief läuft…

Körpergerüche… Was für ein komplexes Feld. Wer kennt nicht Menschen, die schon bei der kleinsten Anspannung gewissen scharfe Gerüchte ausströmen? Wie unendlich unterschiedlich ist der Körpergeruch ein und desselben Menschen, wenn er sich nach einem Tag wieder duscht (mit welchem Schampoo?) oder nach zwei Tagen?

Läuft Mister Miller nun mit gesenktem Blick und scharfem Schweissgeruch über den öffentlichen Platz, weil er eine Bombe trägt, oder weil er nach einem nervtötenden Streitgespräch mit seinem Chef bedrückt nach Hause geht? Jedenfalls wird er aufgrund seines Verhaltens- und Eigenschaftsmusters gestellt. Dumm: Mister Miller trägt zur fraglichen Zeit eine Pistole bei sich (war ein Sonderangebot des Waffen-Shops um die Ecke).  Kann der Waffenkauf wirklich Zufall sein? Er wird vorsorglich in Haft genommen. Die Frau zuhause wird angerufen. Sie ist stinksauer wegen des letzten Fremdgehens ihres Mannes – was sie der Polizei natürlich nicht sagt – und findet nichts dabei, ihn schmoren zu lassen. Ja, gibt sie an, ihr Mann verhalte sich in letzter Zeit merkwürdig… Mister Miller ist nun in ernsten Schwierigkeiten.

Solche Beispiele lassen sich in beliebiger Zahl und Variation vorstellen.

Die Technik soll in der Lage sein, diese Feinheiten zu erkennen (die tatsächlich unendlich komplexer sind, als im vorgenannten groben Beispiel) und angemessen darauf zu reagieren?

Läuft es nicht darauf hinaus, dass sich bald mehr Menschen denn je grundlos einem Verdacht ausgesetzt sehen, den sie dann ausräumen müssen? Was im Einzelfall sehr problematisch sein kann.

Zusammenarbeit Israel – Amerika

Diese neuen Projekte entspringen der Kooperation zwischen Israels Sicherheitsbehörden und der US Homeland Security.

Die Entwicklung ist weit voran geschritten.

Bald werden Israelis und Amerikaner sicherer sein denn je.

Ein bisschen später auch wir.

1984 : Schöne Neue Welt

Ist das wie “1984” von George Orwell? Der übermächtige Überwachungsstaat?

Nein, es ist irgendwie beängstigender. Denn obwohl diese Tendenzen seit Jahren klar erkennbar sind, scheint sich niemand bedroht zu fühlen.

Ein wenig besorgt – ja! Darüber diskutieren – eine “gesellschaftliche Debatte führen”, wie es so schön heisst? Gerne!

Im Grunde aber gilt – Frau Merkel macht`s vor – Wegschauen, oder spannend, unterhaltsam, belustigt, oder vorzugsweise empört, aber stets emsig darüber twittern und posten, aber bei all dem bitte nicht die eigene Ruhe und Behaglichkeit, die eigene schöne Welt stören lassen.

1984 scheint sich – was für eine böse Laune der Geschichte – mit der “schönen neuen Welt” Huxley`s zu verbünden:

Überwachung bei bester Laune!

— Schlesinger

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