Israel hat alles unternommen um dem Westen, ja der ganzen Welt zu zeigen was für einen rechtmäßigen Anspruch es auf das ganze Land Palästina hat.
Und wie moralisch gerechtfertigt der dabei geführte Krieg war.
Die jüdische Eroberung von Palästina 1948/49
Kaum wurde im Mai 1948 der Staat Israel ausgerufen, haben sich die zahlreichen arabischen Armeen über das kleine Land hergemacht, das sich tapfer verteidigte. Und siegte. So wurde es uns erzählt.
Allerdings hat Israel dabei sein Gebiet – entgegen den Vorgaben aus dem UN-Teilungsbeschluss – massiv vergrößert.
Die Palästinenser waren dabei zum großen Teil “verschwunden”.
Hunderttausende.
Sie wurden von ihren Führern aufgefordert zu gehen, um den anrückenden arabischen Armeen Platz zu machen.
So jedenfalls stellte Israel es damals dar und heute auch noch.
Wären damit nicht bis heute anhaltende Tragödien verbunden müsste man beinahe lächeln über diese Darstellung in Technicolor.
So aber bleibt nur Staunen, wie Israel es über Jahrzehnte geschafft hat die Palästinenser als die Aggressoren und Niederträchtigen zu brandmarken, dabei das Los der vertriebenen Zivilbevölkerung weitgehend vergessen zu machen, und gleichzeitig die eigene brutale und völkerrechtswidrige Vorgehensweise bis zur Unkenntlichkeit zu verschleiern.
Dabei mangelte schon damals nicht an deutlichen Worten, gerade auch aus dem jüdischen Palästina.
Martin Buber klagt an
1948 schrieb der deutsch-jüdische Philosoph Martin Buber über die Eroberung von Palästina durch seine Landsleute die folgende Anklage:
Schluß mit leeren Worten!
[…] Tag für Tag lesen wir in unseren Zeitungen, wir befänden uns in einem Verteidigungskrieg, weil wir doch angegriffen seien.
Die Tatsachen sind ziemlich einfach.
Vor zweitausend Jahren bewohnte dieses Land ein Volk, das große Dinge bewirkt hat und welches danach, auf dem ganzen Weltkreis verstreut, die innere Verbindung bewahrte.
[…] Gegen Ende des vorigen [19.] Jahrhunderts begannen kleine, später immer größer werdende Gruppen des ersten Volkes in das Land einzudringen mit der Absicht, dort eine Grundlage für seine Sammlung aufzubauen.
Im gleichen Maß wie sich zu dieser Aktion politische Forderungen gesellten, sah man bei dem anderen Volk [den Arabern] Zeichen des Unwillens, der Gegnerschaft und des Hasses.
Im Anfang akzeptierte dieses Volk das Eindringen mit Duldung, zum Teil sogar mit gutem Willen aus dem instinktiven Gefühl für das gemeinsame Interesse an der Entwicklung des Landes, obwohl von Zeit zu Zeit die Befürchtung aufkam, es könnte ihm ein seiner Lebensweise fremder Rhythmus aufgezwungen werden.
Jetzt aber entsteht eine viel realere Befürchtung, man wolle ihm die Lebensgrundlage entziehen, und wenn nicht ihm selbst, so doch den Nachkommen.
Als nun das erste Volk von Worten zu Taten schritt und die internationalen Instanzen [Vereinte Nationen] dazu bewegte, ihm politische Rechte über den besseren Teil des Landes zu gewähren, brach ein offener Konflikt aus.
Obwohl diese Worte Martin Bubers schon in starkem Kontrast stehen zu dem, was Israel versuchte der Welt gegenüber darzustellen, war es in Wahrheit noch gravierender.
Der maßgebliche Teil der Zionisten hatte nie die Absicht mit den Arabern einen Ausgleich zu suchen. Für sie stand fest als künftige Herren nach Palästina zurück zu kehren.
Der Zionismus ist letztlich eine Variante des Nationalismus und Kolonialismus des 19.Jahrhunderts, einschließlich der damit verbundenen Überheblichkeit.
Achad Haam über die Arroganz der Siedler
Das war auch innerhalb der zionistischen Bewegung kein Geheimnis. Asher Ginsberg (Künstlername Achad Haam) war einer der damals prominentesten Köpfe des Zionismus. Ginsberg reiste um die Jahrhundertwende mehrfach nach Palästina. Nach einer Reise im Jahr 1891 klagte er über die jüdischen Siedler, sie würden einen schweren Fehler begehen, weil sie die Araber mit Verachtung behandeln und als Wilde aus der Wüste ansehen und als Esel beschimpfen würden.
Psychologisch betrachtet erleichterte das die Operationen gegen die Araber, die vor, während und nach der Staatsgründung Israels durchgeführt wurden:
Man musste schließlich nur die Wilden und die Esel aus dem Land jagen.
Achad Haam
Ben-Gurion zum Ziel des Zionismus
David Ben-Gurion, der starke Mann Israels, Staatsgründer und erster Ministerpräsident, schrieb am 5. Oktober 1937* an seinen Sohn Amos:
Ich bin mir sicher wir werden auch in allen anderen Teilen des Landes siedeln, sei es durch ein Abkommen und einem beidseitigen Verständnis mit unseren arabischen Nachbarn oder auf andere Weise.
Wir errichten jetzt erst einmal einen jüdischen Staat, auch wenn er sich nicht über das ganze Land erstreckt.
Der Rest wird mit dem Lauf der Zeit kommen. Es muss kommen.
Menachem Begin, der Führer der militärischen Untergrundorganisation Irgun und späterer Ministerpräsident Israels, sagte einen Tag nach Verkündung des UN Teilungsbeschlusses im November 1947 (die faktisch die lang ersehnte Gründung eines jüdischen Staates bedeutete) :
Die Teilung Palästinas ist unrechtmäßig. Wir werden das nie anerkennen. […]
Jerusalem war und wird für immer unsere Hauptstadt sein.
Das Land Israel [Eretz Israel] wird für das Volk Israel wiederhergestellt werden.
Das ganze Land.
Und auf ewig.
Plan D / Dalet
Der politische und militärische “Plan D” der Führung um Ben Gurion sah dazu folgende Vorgehensweise vor:
Zerstörung von Dörfern (in Brand setzen, Häuser sprengen, Minen in die Trümmer legen), insbesondere in jenen Bevölkerungszentren, deren kontinuierliche Kontrolle schwierig ist.
Such- und Überwachungsoperationen nach folgenden Richtlinien: Einkreisung des Dorfes und Durchsuchung.
Im Falle von Widerstand müssen die militärischen Kräfte zerstört werden und die Bevölkerung muss außerhalb der Grenzen des Staates ausgewiesen werden.
Manche Historiker wie Benny Morris, der zuletzt auch öffentlich wieder mit der Idee von Vertreibung spielte, interpretieren den Charakter von “Plan Dalet” defensiv. Eine “Säuberung” sei nicht geplant gewesen.
Aus den tatsächlichen Ereignissen am Boden und bestätigt durch zahlreiche Berichte auch auf israelischer Seite bleibt jedoch wenig anderes übrig als den Schluß zu ziehen, dass alle Beteiligten sehr wohl wußten, was die politische Führung wollte: So viel Palästinenser wie möglich zu vertreiben.
Ramle & Lydda ( Operation Dani )
Ein geeignetes Beispiel ist die Eroberung der weitgehend arabisch bewohnten Städte Ramle und Lydda.
Obwohl auf arabischer Seite nur etwa 130 Mann der arabischen Legion vor Ort waren, ordnete die Haganah einen schweren Beschuss sowie Luftangriffe an, um die etwa 60.000 Einwohner beider Städte in Angst und Schrecken zu versetzen. Die Lageberichte der israelischen Kräfte berichteten von Massenpanik und schauderhaften Zuständen. Ein Großteil der Bevölkerung flüchtete mit dem Wenigen, was sie binnen Stunden auf Kärren, Pferde oder Kleinlaster packen konnten.
General Allon fragte Ben Gurion, was man mit der verbliebenen Bevölkerung machen solle.
Ben Gurion erwiderte mit einer unwirschen Handbewegung: garesh otam.**
Vertreibt sie!
— Schlesinger
Eine ausführliche Diskussion zu diesem Thema kann auf dem FREITAG verfolgt werden.
PS.: Hat Israel damit sein Existenzrecht verwirkt? Keineswegs. Es hatte aber nie das Recht sich als Herr des Landes aufzuführen. Und es weigert sich seit 1948 die Verantwortung zu übernehmen für massenhaft begangenes Unrecht. Beides sind Indizien, wie viel von den unzähligen Beteuerung zu halten ist, es wolle unbedingt Frieden. Ein Diktatfrieden ist kein Frieden.
Zum Photo “Plan Dalet”: Die jüdische Untergrundorganisation Haganah überfällt zum Zweck der “Säuberung” arabische Häuser, schießt hinein und wirft Handgranaten, gerade auch in Häuser der Zivilbevölkerung. Screenshot Dokumentation ARTE “Mein gelobtes Land (I)”
Photo Ben Gurion: Cohen Fritz (Wikimedia PD)
* 1937: als es in Deutschland schon Repressalien gegen Juden gab, aber noch vor der Reichskristallnacht und Jahre vor dem Holocaust.
Kursive Hervorhebung im Zitat durch mich.
Zitat Ben Gurion aus Avi Shlaim, The Iron Wall, S. 21, übers. d. mich
Zitat Menachem Begin, ebd., S. 25
** Übernommen aus: Benny Morris: Operation Dani and the Palestinian Exodus from Lydda and Ramle in 1948, in: Middle East Journal, Vol. 40, No. 1 (Winter, 1986), S. 82-109 Weiterer Auszug:
(IDF = Isr. Armee, HQ= Headquarter)
From the start, the military operations against the two towns were designed to induce civilian panic and flight-as a means of precipitating military collapse and possibly also as an end in itself. As land battles raged north of the towns, IDF bombing raids hit Lydda and Ramle. Operation Dani HQ at 11.30 hours on July 10 informed IDF General Staff/Operations in two messages that there was a “general and considerable [civilian] flight from Ramle. There is great value in continuing the bombing . . . Inform us of possibilities of aerial bombardment of Ramle now.”
The linkage in the minds of the Operation Dani commanders between the bombings and the desirability of civilian flight is clear. Later that afternoon Dani HQ radioed IDF General Staff/Operations: “Immediate aerial bombardment is needed as follows: 1. A strong bombardmen of Lydda. 2. Bombardment of Ramle ” A few minutes later, Dani HQ radioed Yiftah Brigade HQ: “Flight from the town of Ramle of women, the old and children is to be facilitated. The males [of military age] are to be detained . . . “‘ A similar message was sent from “Malka” to “Tziporen,” the codenames of two Operation Dani units: “Speedy flight from Ramle of women, the old and children is to be facilitated.”‘
The bombing and shelling of the two towns caused panic and flight (mostly from Ramle). Yiftah Brigade’s intelligence officer on July 11 reported: “The bombing from the air and [shelling by] artillery of Lydda and Ramle caused flight and panic among the civilians [and] a readiness to surrender.”
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