UPDATE 09.04.2009
Tatsächlich hat US Vizepräsident Joe Biden just gestern nacht eine deutliche Warnung an Israel ausgesprochen, den Iran anzugreifen, wenngleich sie diplomatisch verpackt war:
“I don’t believe that Prime Minister [Binyamin] Netanjahu would do that. I think he would be ill-advised to do that,” Biden said in an interview with CNN, when asked about a possible Israeli attack on Iranian nuclear sites.
Benjamin Netanjahu und sein Außenminister Avigdor Lieberman mögen ihr Bestes geben, ihre unverkennbaren Absichten verbal zu vertuschen, doch dieses Bauernschlauheit genügt bei weitem nicht, um die längst argwöhnisch gewordenen sicherheitspolitischen Analysten in Washington zu beruhigen.
Zum Abschluss seiner Europareise sprach Barack Obama vor dem türkischen Parlament in Ankara auch über den Friedensprozess in Nahost. Niemand konnte Obama dazu zwingen, derart deutliche Worte zu finden. Und wer die Ansprache am Bildschirm mitverfolgt und den ernsten Tonfall beachtet hat, legte alle Zweifel beiseite, wie ernst es Obama mit seiner Forderung nach einer Zweistaatenlösung auf Basis der Verhandlungen von Annapolis meint:
“Let me be clear: The United States strongly supports the goal of two states, Israel and Palestine, living side by side in peace and security”.
A two-state solution “is a goal that the parties agreed to in the road map and at Annapolis,” and that is “a goal that I will actively pursue as president.“
Obama hätte jederzeit eine weniger präzise oder sogar eine schwammige Formulierung verwenden können. Das hat er nicht getan und man konnte den Eindruck gewinnen, als wollte sich Obama von Ankara aus direkt an Netanjahu wenden.
Ein Zusammenprall zwischen Obama und Netanjahu scheint unvermeidlich, meint die israelische Tageszeitung Haaretz unter Berufung auf Washingtoner Quellen:
In an unprecedented move, the Obama administration is readying for a possible confrontation with Prime Minister Benjamin Netanjahu by briefing Democratic congressmen on the peace process and the positions of the new government in Israel regarding a two-state solution.
The Obama administration is expecting a clash with Netanjahu over his refusal to support the establishment of a Palestinian state alongside Israel.
Die Hardliner in Jerusalem werden sich diesem Druck nicht ohne weiteres beugen. Sie werden eher neue vollendete Tatsachen schaffen wollen, indem die iranischen Atomanlagen angegriffen werden, als dass sie sich mit der rechten Siedlerbewegung auseinandersetzen würden, die jeglicher Zweistaatenlösung mit aller Kraft zu trotzen versucht.
Sehr zum Mißfallen Israels dürfte dabei die jüngste Äußerung des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad sein, der das in Ankara erneut gegebene Gesprächsangebot Obamas an die islamische Welt grundsätzlich begrüßt hat.
Falls nicht schon hinter den Kulissen geschehen, wird Washington Netanjahu unmißverständlich zu verstehen geben, dass ein Angriff auf den Iran derzeit nicht opportun ist.
Obama wird sich von Bibi nicht gängeln lassen. Das darf als sicher angesehen werden.
— Schlesinger