Die palästinensische Westbank hat einen neuen Premierminister: Mohammad Shtayyeh.
Der neue Regierungschef hat erklärt, er wolle die “Kluft zwischen Regierung und Volk” verringern.
Da hat er einiges zu tun.
Die Palästinenser der Westbank sind seit Jahrzehnten enttäuscht von der anhaltenden Korruption der regierenden Mehrheitspartei Fatah. Die Fatah ist die stärkste Fraktion innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO.
Dem früheren Revolutionsführer Yassir Arafat ist zu verdanken, dass seine PLO/Fatah in einem Sumpf aus Vetternwirtschaft und Korruption versank. Arafat selbst hat das gefördert, weil es seiner Art der Führung entgegen kam. Er steckte den Vertrauten seiner Wahl das Geld vorzugsweise persönlich bündel- oder kofferweise zu. Er glaubte, das sichere ihm Loyalität.
Als die PLO im libanesischen Exil in Beirut lebte – das war Mitte der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre – wurde ihr nachgesagt, sie habe engeren Kontakt zu den lokalen Mercedes-Händlern als zu ihrem Volk in der Westbank und im Gazastreifen.
In dem Spruch liegt viel Wahrheit.
Wie sagte der frühere Finanzminister Salam Fayyad, der Arafat mehr oder weniger aufgenötigt wurde, um mehr Effizienz in die Regierungsgeschäfte zu bringen:
Es gibt Korruption da draußen [in unserer Regierung]. Es gibt Missbrauch. Es gibt Überfluß, und das ist es, was behoben werden muss.
Arafats Nachfolger Mahmoud Abbas hat ein paar Versuche unternommen, die schlimmsten Auswüchse zu beseitigen.
Aber unterm Strich lebt die Korruption in Palästina munter weiter. Der über 80jährige Abbas klammert sich an die Macht und verhindert demokratische Neuwahlen.
Der neue Premierminister kommt also mit dem grundlegenden Makel ins Amt, nicht gewählt sondern ernannt worden zu sein.
Unter solchen Umständen wird Mohammad Shtayyeh zwangsläufig mehr auf Abbas als auf sein Gewissen hören.
Es wird noch dauern, bis Palästina eine einigermaßen transparente, demokratische Regierung bekommt.
— Schlesinger