Die israelische Friedensbewegung Gush Shalom schaltet derzeit folgende Pessach-Botschaft an Präsident Obama:
Mazel tov (“Glückwunsch”, “Viel Glück”) an US Präsident Obama.
Obama habe gegen immensen Widerstand die Gesundheitsreform durchgesetzt. Nun solle er Israel von der bösartigen Krankheit der Besatzung heilen. Viele in Israel wären dankbar dafür.
Diese Botschaft kann als Oster- bzw. Pessachbotschaft verstanden werden. Derzeit feiert man vom 30. März bis 06. April das jüdische Pessach-Fest. Darin wird an den Auszug der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft erinnert. Daran angelehnt kann der Gush-Aufruf so gelesen werden, dass sich Israel in einer selbst auferlegten Knechtschaft der Besatzung befindet. Seit nunmehr 43 Jahren besetzt Israel das Westjordanland. Das hat tiefe Spuren in der israelischen Gesellschaft hinterlassen.
Amos Oz: Unterdrückte wollen Unterdrücker werden
Der israelische Schriftsteller Amos Oz mahnte in seinem “Bericht zur Lage des Staates Israel” (1992) unter Rückgriff auf die frühen Zionisten:
Die zionistischen Sozialisten waren sehr skeptisch, was den romantischen Gedanken betrifft, die Menschen seien alle von Geburt aus gut.
Sie warnten: Die Unterdrückten und Ausgebeuteten der Welt träumen nicht davon, einfach frei zu sein.
Sie träumen davon, Unterdrücker und Ausbeuter zu werden.
Nun kann nicht die Rede davon sein, “die” Israelis seien Unterdrücker und Ausbeuter. Denn viele Israelis verwahren sich gegen die Besatzungspolitik ihrer Regierungen. Das zeigen auch jüngste Umfragen. Doch haben es rechte, orthodoxe, ultra-zionistische, messianische und nationalistische Kreise bislang ausreichend gut verstanden, ihre Interessen gegenüber dem liberaleren Teil der Gesellschaft durchzusetzen. Daher Hilferufe wie der von Gush Shalom.
Netanjahu in USA nicht willkommen
Wurde der Hilferuf schon erhört? Netanjahu wurde vor wenigen Tagen sehr kühl empfangen in Washington. Manche Kommentatoren verweisen darauf, dass das auch mit der jüngst gestärkten Position Obamas nach der erfolgreich durchgebrachten Gesundheitsreform zusammenhänge. Solange die Reform noch nicht den Kongress passierte, konnte sich der Präsident keinen zusätzlichen Streit mit Israel-freundlichen Abgeordneten leisten. Anschliessend war dieser Punkt nicht mehr relevant. Daher sei der Gast aus Israel weniger als Verbündeter, sondern viel mehr als “Ärgernis” behandelt worden:
On Sunday morning Obama was still anxiously looking ahead to the House of Representatives vote on health care – the last thing he wanted was a last-minute disagreement with congressmen over ties with Israel
The moment the bill [die Gesundheitsreform, Anm.] was passed, however, a victorious Obama was free to deal with his unruly guest.
— Schlesinger
(Photo: screenshot aus der Haaretz, 02.04.2010)