Benjamin Netanjahu hat die Wahlen 2019 auch deshalb gewonnen, weil es der Wirtschaft in Israel gut geht.
Das wußte schon Bill Clinton:
It’s the economy, stupid!
Brummt die Wirtschaft, gewinnt man die Wahl.
Im Jahr 2010 ist Israel der OECD beigetreten. In der OECD sind derzeit 36 Länder zusammengeschlossen, die sich den Prinzipien von Marktwirtschaft, Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit verschrieben haben.
Im Jahr 2011 hat die OECD das ambitionierte Programm “The better life initiative” aufgelegt. Just in jenem Jahr 2011 kam es in Israel aufgrund der extremen Mietpreise, Wohnungsnot und Lebenshaltungskosten zu wochenlangen Massendemonstrationen.
Das dürfte die Regierung Netanjahu motiviert haben, sich 2012 dem OECD-Programm für die bessere Messbarkeit und Transparenz von Wohlstand anzuschließen. Die OECD hat Israel für seine Anstrengungen gelobt, die Ziele dieses Programms umzusetzen.
Die bislang erhobenen Daten ermöglichen gute Einblicke in die ökonomische, ökologische und soziale Lage in Israel. Dazu ein paar Highlights:
Arbeitslosigkeit in Israel
Die Arbeitslosigkeit in Israel betrug 2018 4.0 Prozent und lag damit nicht nur auf einem historischen Tiefstand, sondern auch deutlich unter dem OECD-Durchschnitt (5,3 %)
Israels Bruttosozialprodukt pro Kopf
In 2018 wurden in Israel Werte in Höhe von ~ 40.000 Dollar pro Kopf produziert. Damit liegt das Land nur knapp unter dem Mittel der OECD-Länder (46.000 US $).
Durchschnittseinkommen in Israel
Im Durchschnitt verdient jeder Arbeitnehmer in Israel 35.000 US $ pro Jahr.
Das entspricht genau den Werten für Südkorea oder Slowenien, liegt deutlich über dem Einkommensniveau von Portugal (25.000 US $), aber unter dem Level von Deutschland (47.000 US $).
Die absoluten Werte sagen noch nichts darüber aus, wie gerecht die Einkommen verteilt sind.
Einkommenverteilung in Israel
Auf einer Skala von 0 für vollständige Gerechtigkeit in der Einkommensverteilung bis 1 für absolute Ungerechtigkeit lag Israel in 2017 bei 0,34. Damit hatte es wertemäßig Länder wie Japan, Spanien oder Neuseeland als Nachbarn. Im Vergleich zu Deutschland liegt Israel damit etwas ungünstiger (0,29)
Diese vergleichsweise positive Einkommensverteilung darf nicht darüber hinweg täuschen, dass die Armut in Israel nach wie vor einen kritischen Umfang hat.
Wie im reichen Deutschland werden auch in Israel viele Tafeln für Arme benötigt:
Armut in Israel
Als arm gilt derjenige, dem weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung stehen.
In 2017 waren rund 1,8 Millionen der insgesamt 8,2 Millionen Israelis von Armut betroffen. Das entspricht 21 Prozent der Bevölkerung. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine spürbare Verschlechterung (2016: 18,5% Armut)
Zwei Bevölkerungsgruppen sind besonders arm: Arabische Israelis und ultra-orthodoxe Juden.
Im Jahr 2017 waren rund 47 Prozent der arabischen Familien in Israel von Armut betroffen. Bei ultra-orthodoxen Familien waren 43 Prozent arm. Immerhin sind die Werte für beide Gruppen um zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gefallen.
Zum Vergleich: In Deutschland waren in 2017 rund 16% der Bevölkerung arm, wobei die Berechnung etwas anders ausfällt.
Millionäre und Milliardäre in Israel
Der ungebrochene weltweite Trend, dass Reiche immer reicher werden gilt auch für Israel.
Die Zahl der Dollar-Millionäre in Israel ist in den letzten zwei Jahrzehnten sprunghaft gestiegen. Gab es im Jahr 2010 etwas über 10.000 Millionäre, so hat sich die Zahl rasch verzehnfacht: In 2016 waren es bereits 105.000.
In 2017 hat das Vermögen der reichsten 500 Israelis um 7 Prozent zugenommen – nicht übel in Zeiten, in denen ein normaler Sparer 0,5 Prozent Zinsen bekommt – und lag bei rund 172 Milliarden Dollar. Das übertrifft bei weitem den gesamten israelischen Haushalt (rund 100 Mrd. Dollar)
Export-Nation Israel
Das deutsche Auswärtige Amt schreibt zu diesem Thema:
Der hohe Anteil an Hightech-Gütern am Export charakterisiert den Außenhandel Israels.
Auswärtiges Amt
Das ist falsch. Der mit Abstand größte Anteil an den Exporten Israels besteht aus Diamanten: 22 Prozent. Die Gewinne aus diesem wertmäßig voluminösem Handel kommen nur einem winzigen Teil der arbeitenden Bevölkerung zugute. Nach dem Diamantengeschäft kommen der Handel mit elektronischen Bauteilen, Maschinen und High-Tech.
Im Grunde ähneln sich die ökonomischen Entwicklungen in Israel und Deutschland:
“Der Wirtschaft” geht es gut, und die Arbeitslosigkeit liegt auf einem niedrigen Stand. Doch die Statistiken verschleiern, wie viele Menschen in beiden Ländern kämpfen müssen, um irgendwie über die Runden zu kommen.
Umso erstaunlicher, dass es in beiden Ländern keine Parteien mehr gibt, die sich tatsächlich um die “einfachen Leute” kümmern. Die deutsche SPD und die israelische Arbeiterpartei sind nicht verkümmert weil es kein Klientel für sie gibt. Sie sind verkümmert weil sie ihr Klientel im Stich gelassen haben.
— Schlesinger
Daten, wenn nicht anders angegeben, von der OECD
Photo (Essensausgabe): Screenshot der Webseite von Meir Panim, der größten Tafel in Israel
Photo (Lamborghini) by Nathan Van Egmond on Unsplash