Ein Jahresrückblick in Zitaten
JANUAR
Manifest des Gaza-Jugendwerks Sharek, das unzufrieden ist mit allen politischen Akteuren der Region und von einer Schließung durch Hamas bedroht ist:
Fuck Hamas. Fuck Israel. Fuck Fatah. Fuck UN. Fuck UNRWA. Fuck USA!
Reuven Rivlin, Sprecher der Knesset, über das aktuelle politische Klima in Israel, das die Freiheit der verschiedenen Menschenrechtsorganisationen beschränken will:
In Amerika nannte man es McCarthyismus, in Rußland nannte man es Schauprozesse.
FEBRUAR
Mikis Theodorakis, griechischer Künstler, Schöpfer der Filmmusik zu “Alexis Sorbas” :
Everything that happens today in the world has to do with the Zionists…
American Jews are behind the world economic crisis that has hit Greece also.
Anmerkung: Die Zionisten als Strippenzieher der ganzen Welt? Gute Güte: Es gibt sie noch immer, die in der Wolle gefärbten Antisemiten.
MÄRZ
Plakatinschriften der israelischen Protestbewegung J14, die gegen soziale Ungleichkeit und Teuerung demonstrierte und Israel mit Massenprotesten bislang nicht gekannter Größenordnung monatelang in Atem hielt. “Bibi” ist der Spitzname für Premierminister Benjamin Netanjahu:
Wir wehren uns – wie die Ägypter!
Bibi – Du bist gefeuert!
Khaled Kaim, stellvertretender libyscher Außenminister der Regierung Ghaddafi, über das Abstimmungsergebnis im UN-Sicherheitsrat, bei dem der Kampfeinsatz gegen Libyen beschlossen wurde:
Wir sind den fünf Ländern die sich enthalten haben sehr dankbar, nämlich China, Russland, Indien, Brasilien und…. [lacht] Deutschland, was für eine Überraschung!
APRIL
Bundeskanzlerin Merkel zu Israels Premier Netanjahu, nachdem der sich telefonisch über mangelnde Loyalität Deutschlands beschweren wollte:
Was erlauben Sie sich, Sie haben doch selbst keinen einzigen Schritt getan, um den Frieden voranzubringen.
MAI
Israels Vize-Außenminister Danny Ayalon zur Frage, worum es im Nahostkonflikt geht:
The conflict has never been about territory so the basis for negotiations should not be territorial.
Anmerkung: In der Westbank einschließlich dem arabischen Ost-Jerusalem siedeln inzwischen 500.000 Israelis. Die Regierung Netanjahu betreibt wie die meisten Vorgängerregierungen einen ungebremsten Siedlungsbau. Die Siedlungen zerschneiden mit den zugehörigen bestens ausgebauten Verbindungsstraßen – verboten für Palästinenser – systematisch die Westbank. Es geht nicht um Gebiete? Dann könnte Israel ja aus diesen Gebieten abziehen, nicht wahr? Wahr ist: Israel geht es sehr wohl um Samaria und Judäa, nur den Arabern darf es nicht darum gehen.
JUNI
Muammar Ghaddafi, Noch-Präsident Libyens, in einer öffentlichen ausgestrahlten Ansprache in Tripolis, während der Revolte:
Wenn wir uns dazu entschliessen sind wir dazu in der Lage Europa weg zu wischen wie Heuschrecken, wie Bienen.
Wir raten Euch euch zurückzuziehen bevor Ihr in eine Katastrophe geratet.
Meir Dagan, ehemaliger Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, zu den Überlegungen in Israel einen Luftschlag gegen Irans Atomanlagen zu führen:
Ein Luftangriff gegen die iranischen Atomanlagen ist die dümmste Sache, von der ich je gehört habe. Eine idotische Idee.
Bashar al-Assad, Noch-Präsident Syriens, wie sein Vater inzwischen Schlächter seines eigenen Volkes, in seiner ersten “großen” Rede nach dem Begin des Volksaufstandes:
Credibility has formed the basis of the relation between the People and me.
JULI
Usama Hamdan, Verantwortlicher bei Hamas für die Internationalen Beziehungen, auf einer Parteiveranstaltung:
Der Konflikt wird niemals ein Ende finden, bevor Israel ein Ende findet.
Bezüglich der Forderung, die manche an uns gestellt haben, dass wir den Feind anerkennen: Dieses Thema liegt hinter uns.
Wir haben klar gesagt, dass wir Israel niemals anerkennen werden, und heute sage ich mehr als das: Israel existiert nicht einmal in unserem politischen oder intellektuellen Wörterbuch.
Mahmoud Al-Zahar, Mitglied der Hamas Führungsriege:
We are not going to recognize Israel.
That is very simple.
And we are not going to accept Israel as the owner of one square centimeter [of Palestine].
Anmerkung: Zutreffend ist, dass Hamas entgegen allgemeinem Verständnis in den vergangenen Jahren durchaus Friedens- oder langfristige Waffenstillstandsangebote (Hudna) an Israel gemacht hat. Ohne Erfolg. Zutreffend ist aber auch – siehe diese aktuellen Zitate – dass es in Hamas extremistische Strömungen gibt, die sich mit der Existenz Israels ebenso wenig abfinden wollen wie radikale Gush Emunim – Siedler der Westbank mit dem Gedanken an einen Palästinenserstaat.
SEPTEMBER
Tom Friedman, ansonsten Israel-freundlicher Kolumnist der New York Times, Pulitzer-Preisträger, im Beitrag Israel: Adrift at Sea Alone vom 17. September:
Unfortunately, Israel today does not have a leader or a cabinet for […] subtle diplomacy.
One can only hope that the Israeli people will recognize this before this government [Netanjahu] plunges Israel into deeper global isolation and drags America along with it.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, 23. September vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen.
The Palestinians must first make peace with Israel, and only then get their state.
Anmerkung: Netanjahu sprach kurz nach Palästinenserpräsident Abbas, der die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der UN beantragte. Anmerkung: Das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser soll tatsächlich abhängig sein von einem Land, das darüber zu bestimmen hat? Einem Land zumal, das erst durch die Völkergemeinschaft ins Leben gerufen wurde?
Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen:
If you want to send a box of tomatoes to Palestine, this is subject to approval from Israel, and I don’t think that is humanitarian.
Aviva Winter, Sprecherin der jüdischen Siedlung Psagot in der Nähe von Ramallah über den Status der Westbank aus Sicht der Siedler:
Die Araber haben 22 Staaten in die sie gehen können, während Juden nur dieses winzige Stück Land haben [Israel]. Wir können sonst nirgends hin.
Wir betrachten die Ereignisse von 1967 als die Befreiung von Judäa und Samaria.
Anmerkung: Im Sechstagekrieg von 1967 eroberte Israel die zuvor unter jordanischer Verwaltung stehende Westbank, die im israelischen Sprachgebrauch Judäa und Samaria heißt. Steinalt die Floskel “die Araber haben 22 Staaten”. Das entspräche einer britischen Aufforderung an die Dänen, gefälligst in das europäische Land Italien zu gehen, weil Dänemark gerade von England gebraucht wird. Israel “braucht” die Westbank so dringend wie die Briten Dänemark. Sorry, my dear british readers.
Joe Walsh, republikanischer Kongressabgeordneter, angesichts des palästinensischen Antrags auf eine Vollmitgliedschaft in der UN:
we will respect Israel’s right to annex Judea and Samaria.
NOVEMBER
US Präsident Obama auf einer Spendengala:
Kein Verbündeter der USA ist wichtiger als Israel.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy zu US Präsident Obama über Benjamin Netanjahu. Sarkozy wußte nicht, dass die Mikrofone noch an waren:
Ich kann ihn nicht mehr ausstehen, er ist ein Lügner.
Slogan der palästinensischen Bierbrauerei Khoury, die ihr “Taybeh” (“Köstlich”) außer nach Japan auch nach Deutschland exportiert:
Drink Palestinian !
DEZEMBER
Titelzeile der israelischen Tageszeitung “Israel Today” – wegen ihrer Treue zu Premier Netanjahu auch bekannt unter dem Namen Bibinews – die sich wie die Regierung empört zeigt über das interne Memo der EU-Gesandten, das den fortdauernden Siedlungsbau in der Westbank verurteilt und den europäischen Regierungen empfiehlt, die illegalen Siedlungen stärker zu thematisieren:
Israel takes the offensive, Europe becomes irrelevant
Leon Panetta, US Verteidigungsminister:
Ich habe in Sachen Friedensbemühungen noch keine so passive israelische Regierung erlebt wie die derzeitige.
Im übrigen bin ich über die gegenwärtigen [demokratiefeindlichen] Tendenzen [in Israel] irritiert.
Moshe Fuchs, Ultra-Orthodoxer, zu einer israelischen Soldatin die sich seiner Aufforderung verweigerte, in dem nach Geschlechtern getrennten Bus in Ramat Eshkol einen anderen Platz einzunehmen:
Du Prostituierte !
Anmerkung: Dieser Vorgang ist leider kein Einzelfall. Seit geraumer Zeit werden weltliche Juden in Israel immer häufiger Ziel von Anfeindungen durch Orthodoxe.
Avigdor Lieberman, israelischer Außenminister, zitiert in Bezug auf den festgefahrenen Friedensprozess die frühere Ministerpräsidentin Golda Meir und stimmt zu:
I think that the tragic dispute between ourselves and the Arabs was never about territory, just as it is not about the territories today;
then and now, the argument was about one thing: we want to live, and they don’t agree to our existence on any territory at all.
Anmerkung: Golda Meir war bekannt für ihre harte Linie gegenüber den Arabern und ihre Feststellung, dass es so etwas wie ein palästinensisches Volk gar nicht gebe.
Ron Paul, republikanischer Präsidentschaftkandidat und bekannt für sein Plädoyer, Amerika müsse sich militärisch zurückziehen. Zur aktuellen Krise mit dem Iran:
Ich glaube wir suchen Ärger indem wir dem Iran diese horrenden Sanktionen auferlegen.
wir scheinen immer ein Land zu brauchen, das wir fertig machen können
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