Friday saw heavy fighting …
Die Lage im Irak hat sich stabilisiert seit der surge, der Truppenverstärkung im letzten Jahr.
So lautet das Glaubensbekenntnis der Regierung Bush und des treuen Paladins General Petraeus. Zwischenzeitlich hatte es tatsächlich ruhiger ausgesehen. Aber aus anderen Gründen.
Wann immer eine der großen Konfliktparteien es für angebracht hält, neue Gewalt zu praktizieren, ist es mit der Ruhe vorbei.
Die USA bräuchten einen starken Bündnispartner im Land, auf den sie sich verlassen könnten. Ein hypothetischer Fall. Das hätte die Voraussetzung, dass die Führung dieses Partners und die dahinter stehende Bevölkerung – und nicht nur die – lautere Motive der USA annähmen. Das ist vor Ort zweifellos nicht gegeben.
Insofern sind die jeweiligen Partner Washingtons im Irak immer nur Partner für den Moment. Im besten Fall sind es Zweckbündnisse. Im schlimmsten Fall sind es teuer erkaufte Bündnisse, die rasch brechen können, wobei die darauf verwendeten amerikanischen Mittel gegen die USA eingesetzt werden.
Die stärkste Gruppierung im Land sind die Schiiten, und damit sind nicht nur die militanten Horden des radikalen Predigers Moqtada al-Sadr gemeint. Die Schiiten aber haben gute Beziehungen zum Iran, womit sie für Washington von vornherein anrüchig sind. Wie es um die Partnerschaft zum Ministerpräsidenten Nouri Al-Maliki steht, konnte man dieser Tage beobachten, als General Petraeus vor dem Senat seine Unzufriedenheit über die mangelhafte Kommunikation seitens Maliki zum Ausdruck brachte.
In dieser “stabilen Lage” meldet CNN heute morgen, dass die Kämpfe in Bagdads Sadr-City zwischen den USA-gestützten Regierungstruppen und der Mehdi-Armee des Moqtada al-Sadr unverändert heftig sind:
Friday saw heavy fighting in the sprawling neighborhood between U.S.-backed Iraqi troops and members of the Mehdi Army militia, which is loyal to Shiite cleric Muqtada al-Sadr. Witnesses said U.S. aircraft bombarded the area for hours, while media reported rockets slamming into houses and many casualties.
Möglicherweise handelt es sich in der Einschätzung der Lage im Irak nur um ein sprachliches Problem. Es wird fortwährend von stabiler Lage gesprochen, wo stets nur stabile Seitenlage gemeint war, die immer dann zur Anwendung kommt, wenn es um den Verunglückten sehr schlecht steht.
Wahlkampf-Hilfe für John McCain
In dieser stabilen Seitenlage hat nun George W. Bush angekündigt, die Stationierungszeit der Soldaten von 15 auf 12 Monate reduzieren zu wollen.
Das ist zum einen inkonsequent und zum anderen bloße Wahlkampf-Kosmetik.
Inkonsequent insofern, als es der zuletzt praktizierten Politik des Pentagons zuwiderläuft, die Stabilität gerade durch mehr Truppen zu gewährleisten.
Zum anderen ist es nur Wahlkampfhilfe für John McCain, der damit im Wahlkampf eine geringere “Kriegslast” mit sich herum schleppen muß. Wir können zwar die Truppen nocht nicht abziehen, aber wir können die Belastung für die Truppe schon spürbar reduzieren.
Diese kurzsichtige Spekulation dürfte nicht aufgehen. Solange die USA und die irakische Regierung die Schiiten nicht ernsthaft einbeziehen und – wie Barack Obama forderte – ernste Verhandlungen auch mit Teheran aufnehmen, wird jegliche Ruhe nur prekär sein. Von Al Quaida war noch gar nicht die Rede.
Washington hingegen verfolgt heute mehr als gestern die entgegengesetzte Strategie und deklariert den Iran als Hauptfeind im Irak, nicht mehr Al Quaida:
Last week’s violence in Basra and Baghdad has convinced the Bush administration that actions by Iran, and not al-Qaeda, are the primary threat inside Iraq, and has sparked a broad reassessment of policy in the region, according to senior U.S. officials.
Gegen die Schiiten sowohl im Irak, wie auch im Iran ankämpfen zu wollen – im konkreten und im übertragenen Sinn – bedeutet für Washington etwas, wofür die alten Chinesen eine kluge Warnung formulierten: Sand gegen den Wind.
– Schlesinger
PS.: Trotz allem trifft sich kommende Woche der US-Präsident mit führenden Vertretern der radikal-schiitischen Palästinenserorganisation Hamas in Damaskus: Der ehemalige Präsident und Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter.
Photo: U.S. Air Force photo by Staff Sgt. Jason T. Bailey CC BY 2.0