Zur Erinnerung: Karl Rove war bis Ende vergangenen Jahres Intimus von George W. Bush.
Er war der Mann, der im Hintergrund die Fäden zog, wenn es ums politische Taktieren oder ums Fintieren bei Wahlen ging.
Er war der mutmaßliche Strippenzieher in der sogenannten Swiftboat-Affäre gegen John Kerry, den Oppenenten von Bush jr. im Wahlkampf 2004. Dabei wurden fingierte und vermutlich gekaufte Aussagen ehemaliger Vietnamsoldaten dazu benutzt, um das Ansehen des mehrfach dekorierten Vietnamveterans und Kapitän eines Schnellboots (Swiftboat) John Kerry zu beschädigen. Die Schmutzkampagne war aus Sicht der Urheber ein voller Erfolg. Der Hauptsponsor der Swiftboat-Schmierkampagne, Bob Perry, war seit den Achtzigern ein enger Weggefährte von Karl Rove.
Bitte erwarten Sie nun keine umfassende Biografie und keine elaborierte Charakterstudie.
Das ist nicht nötig. Es ist viel einfacher. Ein Rove läßt sich sehr simpel beschreiben.
Die “Mistblüte” Rove ist ein Opportunist der Macht, wie man sie in solcher Reinform nur selten erlebt. Streng genommen war es ihm gleichgültig, ob er den Intriganten für George W. Bush spielte, zu dessen höherem Ruhm und Einzug ins Weisse Haus. Mit seinen Künsten gelang Rove der Zugang zum Zentrum der Macht, und mehr stand nie zur Debatte.
Wechselt der Wind, wechselt Rove seine Position. Das geht so rasch wie der Farbwechsel eines Chamäleons. Der Wind weht nun aus Richtung John McCain.
In der Kampagne des Jahres 2000 trat John McCain gegen George W. Bush an und hatte sehr gute Aussichten, die Nominierung für sich zu entscheiden. Dem musste man zuvorkommen. Rove musste dem zuvor kommen.
In jener Zeit hatte McCain ein Mädchen aus Bangladesh adoptiert. Cindy McCain, seine Ehefrau, befand sich zuvor zu Besuch in einem Waisenhaus in Bangladesh, wo sie eben jenes Mädchen in einem kümmerlichen Zustand vorfand und beschloss, es zu adoptieren und mit in die Staaten zu nehmen.
Rove nun ließ tausendfach bei Wählern im heiß umkämpften Carolina anrufen. Den Angerufenen wurde die Frage gestellt, ob sie einen Kandidaten zum Präsidenten wählen würden, der eine uneheliche schwarze Tochter (sic!) habe. Die Anrufe taten die gewünschte Wirkung.
Heute nun gibt Karl Rove Bill O’Reilly ein Interview auf FOX News, in dem er in herzerwärmender Weise die Güte von John McCain preist und die damalige Adoptionsgeschichte darlegt:
“Let me give you just one example. I think most of your viewers would be shocked to hear the story about Cindy McCain in Bangladesh, visiting an orphanage. And she has a small dying child thrust into her hands. And the orphanage — the people in the orphanage say we can’t care for her, she’s dying. We don’t know what to do. And Cindy McCain’s impulse was to hug that child to her chest, get on an airplane, and bring her home.
And when she got off the plane, there was John McCain. And he said what do you got? And she said I’ve child who’s dying. We need to get her care. And John said well, who’s she going to be staying with? And Cindy McCain was saying I was hoping she could stay with us. And today, that young child who was near death, is their teenage daughter.
O’REILLY: OK.
ROVE: I don’t think most people understand the compassion and love –
O’REILLY: I agree.
ROVE: — that would come from a moment like that.
O’REILLY: All right.
ROVE: And there’s a lot more in John McCain’s story that he needs to tell.”
Hat sich der Mann geändert? Natürlich nicht. Er ist ein und derselbe. Heute kann es ihm helfen, auf der Seite McCains zu stehen, denn vom baldigen Pensionär George W. Bush ist nicht mehr viel zu erwarten.
Aber McCain kann von ihm profitieren. Einen Mann wie Rove sollte man nie zum Gegner haben.
Gleichviel, ob Barack Obama oder Hillary Clinton bei den Demokraten das Rennen macht. Sollte Rove für McCain im Hintergrund agieren, ist äußerste Umsicht geboten.
— Schlesinger
Photo: White House