Am 4. März finden die wichtigen Vorwahlen in Texas statt. Es könnten die entscheidenden Vorwahlen im demokratischen Rennen sein.
Der “Texas Monthly” führte vor wenigen Tagen ein Interview mit Hillary Clinton. Der Reporter des Monthly verwies auf die vergleichweise hohe Zahl an Kriegstoten, unter denen Texas zu leiden hat, weshalb das Thema Irakkrieg hier besonders wichtig sei:
TM: The Iraq war is obviously very important to Texans. We have the second highest number of casualties of any state in the country and have sent over maybe the second or third highest number of soldiers. So understandably people are going to have questions about the war, and very possibly about your vote to authorize the war. Senator Obama has made a lot of this. Said again last night, a war we shouldn’t have authorized and shouldn’t have waged. You seemed not to respond to that last night. You’ve responded in the past.
[Der Interviewer hat hier angemerkt, dass Clinton in der letzten Debatte nicht im Präsens auf den Irakkrieg einging, sondern nur in der Vergangenheitsform; er möchte nun konkret wissen, ob es für sie ein Fehler war, den Krieg zu genehmigen:]
I wonder if you would talk a little bit, now that you’ve been through this campaign, heard it so many times, is it a fair criticism for him [Obama] to say, you shouldn’t have authorized the war Senator Clinton?
HRC: Well, you know, obviously if I had known then what I know now I would not have given President Bush the authority. [ Clinton hätte ihre Zustimmung nicht erteilt, hätte sie damals alles gewußt, was sie heute weiß.
Das hat sie schon öfter gesagt und es klingt zunächst plausibel. Interessant ist dann jedoch immer wieder, dass sie diesen Hinweis nicht ausbaut, nicht verstärkt, sondern gewissermaßen abschwächt, indem sie auf die scheinbar zwiespältige Haltung Obamas in dieser Frage hinweist. Diese Haltung läßt auf etwas Unausgesprochenes schließen.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten im Parlament auf Grundlage von Informationen, die Ihnen von der Regierung gegeben wurden, für einen Krieg gestimmt, der in der Folge ungeheure Gelder verschlingt und Tausenden Ihrer Landsleute das Leben kostet – nicht zu reden von Hunderttausenden von toten und verwundeten Zivilisten im angegriffenen Land. Dann stellt sich heraus, dass der Krieg auf fingierten Argumenten fußt.
Wäre Ihre normalste Reaktion im nachhinein nicht Wut und Zorn über die Regierung und ein Bedürfnis, sich spätestens jetzt möglichst deutlich von der früheren Entscheidung zu distanzieren? Genau das macht Clinton nicht. Sie räumt fast schon lapidar ein, dass sie heute anders entscheiden würde, ABER, viel wichtiger sei nun, wer der bessere künftige commander-in-chief sei. Keine Frage, dass man mit der gegenwärtigen Situation im Irak pragmatisch und souverän umgehen muss. Das aber erklärt aber längst nicht, warum sich Clinton so verschlossen gibt in der Frage, wie sie “eigentlich” zum Krieg stehe.
Unser Schluss sei hier vorweggenommen:
Der Krieg im Irak ist ist für Hillary Clinton kein falscher Krieg.
Es ist nur ein Krieg, dessen Verlauf enttäuschend ist.
Kaum hört man von ihr, dass man sich viel mehr hätte um Afghanistan kümern müssen und kümmern muss.
Und doch waren es die Taliban, die Al Quaida und Osama Bin Laden Unterschlupf gewährten.
Nicht Saddam Hussein. In 2007 produzierten die Bauern in Afghanistan eine neue Rekordernte Opium (Opium gibt es in Afghanistan, aber kein Öl). Längst gehört dieses Land zu den Top-Produzenten. Die Hauptprofiteure des Opium-Geschäfts sind die Taliban, die damit ihr Wiedererstarken im Süden des Landes finanzieren.
Von all dem kein Wort aus dem Mund von Clinton. Sie hat sich in Wahrheit arrangiert mit dem Krieg im Irak, vielleicht schon lange, vielleicht schon seit je. Daher ihre lahme Distanzierung. Daher auch ihre relativ umfänglichen und engagierten Stellungnahmen, wenn es zum Thema Oberbefehlshaber kommt. Diese Vorstellung scheint ihr zu schmeicheln: ]
But I think we’re doing a lot of second-guessing and revisionist history here. And Senator Obama did not have to take a vote. And you know he’s never held accountable for the fact that he said he wasn’t sure how he would have voted and in 2004 he basically agreed with President Bush’s conduct of the war. And when he came to the Senate he and I voted exactly the same way. So you know, I have a little bit of trouble kind of sorting that out.
[…] the American people are looking to see who can be the commander in chief.
[ Keinesfalls zutreffend! Ihre Wähler, die Demokraten, sind mit Sicherheit nicht auf der Suche nach einem commander-in-chief. Sie sind in puncto Irak auf der Suche nach einem Organisator für den Abzug. Was Clinton hier behauptet, trifft nur für einen Teil der Republikaner zu.]
They’re going to want to know that whoever is bringing those troops home really understands the sacrifice that our men and women have made. They don’t want it to be in vain and neither do I. We have lost too many lives, there are too many people injured, as I talked [about] last night. You go out to Brooke [Army Medical Center], you go to this new Intrepid Center, you shake hands with men and women who have lost legs and arms and eyes, and they look at you and they say, don’t let it be in vain. I’ve heard that, I can’t tell you how many times.
[ In Teilen nachvollziehbar. Die bislang leiden mußten, möchten nicht, dass es umsonst war. Was aber ist der Schluß daraus? So lange weiter zu machen, bis ein “Sieg” daraus wird? Wie viele Amerikaner müssen dafür zusätzlich sterben oder ihre Gliedmaßen oder ihre seelische Gesundheit verlieren? Darüber schweigt Clinton. ]
[…]
They want someone with the strength and experience, and frankly the credibility to do whatever we have to do in a way that honors their service. And I think I can do that.
Stärke und Erfahrung, das billigt Clinton sich zu, und das ist soweit in Ordnung. Aber sie fügt in einem abgrenzenden Sinn ein “… and frankly the credibility to do…”, womit gesagt wird, dass es ihrem Gegner Obama “offen gesagt an der Glaubwürdigkeit mangelt”.
Clinton nimmt ihren Mund zu voll, und sie hält sich mir ihren wahren Ansichten zum Krieg zurück.
Bleibt zu hoffen, dass die Wähler das erkennen.
— Schlesinger