William F. Buckley

Nachruf

Am 27. Februar 2008 starb der amerikanische Herausgeber, Schriftsteller und Kolumnist William F. Buckley im Alter von 82 Jahren. buckley.jpg

Er war vielleicht der einflussreichste Vordenker des modernen amerikanischen Konservatismus.

Buckley war Mitgründer der  Zeitschrift “National Review“. Er verfasste Tausende von Zeitungskommentaren, absolvierte zahlreiche Fernsehauftritte und schrieb über 40 Bücher.

William Buckley hatte prägenden Einfluss auf die Entwicklung einer modernen konservativen Strömung in den USA, die der Republikanischen Partei den Einzug ins Weisse Haus mehrfach verschaffte.

Buckley war ein besonderer Konservativer. Die besten Nachrufe in den USA stammen aus den Federn liberaler Vefasser.

Nicht dass ein Liberaler an Buckley nichts auszusetzen gehabt hätte. Da gibt es schon einiges, was man an ihm – gelinde gesagt – kritisieren konnte und kritisieren musste.

Buckley und die McCarthy Ära

Buckley untertützte in den Fünzigern die infame “Hexenjagd” des republikanischen Senators Joe McCarthy. Die richtete sich vermeintlich gegen Kommunisten, aber war in  Wahrheit ein Kulturkampf, der zahllose Liberale gesellschaftlich kalt stellte und im schlimmsten Fall Existenzen vernichtete.

Berüchtigt war Buckley lange Zeit gepflegter Kommentar, die Afrikaner würden irgendwann auch ihre eigenen Angelegenheiten in den Griff bekommen, “wenn sie nur aufhören würden, sich gegenseitig aufzufressen”.

Durch die “National Review” fühlten sich auch viele Nationalisten, Antisemiten, Rassisten und Faschisten in ihrem Haß gegen ihre vermeintlichen Feinde und insbesondere die Bürgerrechtsbewegung bestärkt.

Was also war es, das Buckley einen besonderen Status innerhalb des konservativen Lagers verschaffte? Zuallererst war da sein unbeirrbarer Glaube an die Kraft der Ideen. An dieser Stelle hört man förmlich den Einwurf, genau das tue doch George W. Bush auch, und was sollte daran gut sein?

Bei Buckley lag der Fall anders. Er glaubte an seine Ideen, weil er auf die Stärke der dahinter stehenden Argumente vertraute. Diese Argumente legte er offen, formulierte sie aus und schärfte sie anhand widerstreitender Argumente seiner Gegner. George W. Bush hingegen – den man ohnedies schwer als echten Konservativen bezeichnen kann – ist im Vergleich dazu ein bloßer Ideologe. Bei Ideologen existieren nur die Ideen. Es gibt keine zugrunde liegenden Argumente.nationalreview.jpg

National Review

Als Buckley 1955 als junger Yale-Absolvent Buckley die “National Review” mit gründete, hatte er Großes vor.

Er wollte nicht weniger als eine Erneuerung, im gewissen Sinne auch eine Neuschöpfung der konservativen Bewegung. Eine einheitliche Form von “konservativ” gab es in der Nachkriegszeit nicht wirklich. Was die Sache für einen selbsterklärten Erneuerer des Konservatismus schwieriger machte, waren die verschiedenen kruden Gruppierungen und geistigen Strömungen am rechten Rand des gesellschaftlichen und politischen Lebens in Amerika.

Um diese Erneuerung zustande zu bekommen, brauchte er neue Schreiber mit neuen Gedanken. Die fand er in Talenten wie Garry Wills, Joan Didion, John Leonard oder Richard Brookhiser. Buckley baute sein Team auf. Trotz personeller und finanzieller Probleme schaffte es Buckley, sein Magazin unaufhaltsam voran zu treiben.

Ein großer konservativer Redner

Gerade weil Buckley die Argumentation, den Disput wollte, suchte er sich seine Freunde auch unter ausgewiesenen Liberalen wie etwa den Ökonom und Nobelpreisträger John Kenneth Galbraith.

Buckley war berühmt, nein, er war berüchtigt für seine geschliffene Rhetorik. Dabei konnte er boshaft werden und seine jeweiligen Gegner mit bissigem Humor überschütten. Dennoch waren es die Argumente, die im Vordergrund standen. Daher verachtete der alte Buckley auch zunehmend die Art der argumentativ allzu einseitigen, destruktiven politischen Auseinandersetzung, die die Kronzeugen des heutigen (TV-) Konservatismus aufzuführen pflegen.

Buckley, Bush und der Irakkrieg

Daher war es Buckley möglich, sich aus Rudel der für den Krieg heulenden Wölfe zu verabschieden. Nachdem Buckley anfangs noch den Krieg im Irak unterstützte, riet ihm Galbraith, sich vom Krieg zu distanzieren.

Buckley schloß sich der Haltung seines Freundes an und äußerte im Juli 2004 aufsehenerregend, dass er den Krieg nicht unterstützt hätte, hätte er früher gewußt, was er heute wisse. In jenen Tagen brachte er seinem Präsidenten immerhin noch so viel Vertrauen entgegen, dass er in einem kurz darauf verfassten Kommentar gewillt war, sich mit den jüngsten Argumenten der Regierung auseinander zu setzen.

Bush hat versagt

Auch das hörte auf. Buckley sprach dem Präsidenten ab, die Situation im Irak zu bewältigen: “A problem for American policymakers — for President Bush, ultimately — is to cope with the postulates and decide how to proceed” und “the administration has, now, to cope with failure“.

Über diese Frage geriet Buckley schließlich in scharfe Auseinandersetzungen mit den linientreuen Konservativen, allen voran Norman Podhoretz. Der Falke Podhoretz bewertet den Irakkrieg vollmundig als einen “an amazing success”. In Bezug auf die nie gefundenen Massenvernichtungswaffen, die für Bush der vorgebliche Hauptgrund für den Krieg waren, postuliert Podhoretz kurzerhand “There were weapons of mass destruction, and they were shipped to Syria. […] This picture of a country in total chaos with no security is false. It couldn’t have gone better.” Es sei übrigens “sicher”, dass Bush den Iran bombardieren wolle, und er “danke Gott dafür”.

Von dieser Art sind die übrig gebliebenen Konservativen.

Die konservative Szene ist mit dem Tod Buckleys geistig ärmer geworden.

Vielleicht muss man sagen – verarmt.

— Schlesinger

( Photos: Wikipedia / Public Domain ; Online-Ausgabe National Review )
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